Zufallsfund bei Recherche in der Stiftung Bruno
Kreisky Archiv (StBKA, VI.4 Landesverteidigung, Waffenproduktion, Exporte, Box
18): Eine „streng vertrauliche“ Information der SPÖ-Fraktion an Bundeskanzler
Bruno Kreisky zu „Veränderungen“ im Heeresnachrichtenamt. Diese gibt Auskunft
über die parteipolitischen Auseinandersetzungen rund um die Besetzung von
Spitzenposten im Bereich der Geheimdienste Mitte der 1970er Jahre.
„1. Die frühere
Gruppe Nachrichtenwesen bzw. das derzeitige Heeresnachrichtenamt[1]
war bis zu Diensteinteilung des Obstlnt Dipl. Vw. Walter Matal[2]
nahezu reinrassig mit ÖVP-nahestehenden Personen besetzt.
2. Die Bedeutung des
Heeresnachrichtenamtes liegt einerseits in der offenen Nachrichtenbeschaffung
und Auswertung, andererseits in den Aufklärungsergebnissen des Fernmelde-
Aufklärungsbataillons, welches immer wieder von der kommunistischen Presse
angegriffen wird und in welches seitens der Kommunisten versucht wird, Personal
im Wege von Wehrpflichten einzuschleusen. Die geheime Nachrichtenbeschaffung
ist nicht zuletzt aus finanziellen Gründen eher von untergeordneter Bedeutung.
3. Das
Heeresnachrichtenamt gliedert sich derzeit in 3 Abteilungen:
Informationsabteilung […] Abwehrabteilung […] und Auswerteabteilung […]. Daneben
gab es zahlreiche direkte Aufträge des Amtsleiters im Bereich der
Informationsabteilung, von welchen der Leiter [der] Informationsabteilung nicht
Kenntnis erlangen sollte und erlangte.
4. Das
Heeresnachrichtenamt ist trotz aller Schwächen insbesondere durch die Mittel
der Fernmeldeaufklärung in der Lage oft wesentliche Beiträge zur Erstattung
eines Lagebildes zu geben, wobei es in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion
für die öffentliche Sicherheit und dem Generalsekretär für Auswärtige
Angelegenheiten periodische Lagedarstellungen liefert.
5. Das Gerät der
Fernmeldeaufklärung ist sehr kostenintensiv und weitgehend veraltet. Im
vergangenen Jahr wurde eine Erneuerung und Verbesserung (Automatisierung) der
Fernmeldeaufklärung durch eine erhebliche Beschaffung (Generalunternehmer Fa.
Kapsch) in die Wege geleitet.
6. BMfLV [Bundesministerium
für Landesverteidigung] verfolgt den Plan, für den Bereich der
Fernmeldeaufklärung eine eigene Abteilung zu errichten und diese mit dem ObstdG
[…] (ÖVP-nahestehend) zu besetzen. Damit würde der ohnedies relativ geringe
Einblick des Obstlnt Matal in die Ergebnisse der Fernmeldeaufklärung und damit
in die ergiebigste Nachrichtenquelle vollends versiegen. […]
7. Aus fraktioneller
Sicht kann dieser Maßnahme nicht zugestimmt werden, weil die mühsam erkämpfte
Besetzung eines Abteilungsleiters mut einem Genossen dadurch jetzt und in
Zukunft zur Wertlosigkeit absinken würde. Abgesehen von diesen politischen
Überlegungen ergibt sich auch noch die Problematik einer entsprechenden
Dienstpostenvermehrung, welche sicherlich zum Teil in der eingeleiteten
Beschaffung begründet ist, zum anderen Teil aber die Abschirmung des Genossen
Matal zur Folge hätte.“