Donnerstag, 2. Oktober 2014

Doch nur der „Mülleimer des Dritten Reichs“

Gekürzte Version erschienen in profil Nr. 29/2014, 34-36.

Im Salzkammergut verschwanden in den Kriegswirren von 1945 im großen Stil Raubkunst, Nazigold und Geheimdokumente. Am bekanntesten ist bis heute der „Schatz“ im Toplitzsee. Zeit, der Legende mit Hilfe offizieller Ermittlungsakten auf den Grund zu gehen.

Es ist halb zwei Uhr früh am 6. Oktober 1963 – an den Ufern des Toplitzsees wird ein Schlauchboot zu Wasser gelassen. 60 Meter vom Ufer entfernt, unternimmt dann der 19jährige Münchner Franz Egner einen illegalen Tauchgang, während ein Signalmann im Boot zurückbleibt. Fünf weitere Helfer warteten die ganze Zeit über am Seeufer oder behalten die Zufahrtswege im Auge. Mit Egner verständigt man sich über Zugzeichen an der Sicherungsleine. Nach 20 Minuten kommt von Egner keine Reaktion auf die Aufforderung zum Auftauchen. Ein Versuch, die Nylonschnur einzuholen, scheitert. „Wir überlegten uns, was passiert sein konnte und hofften, dass sich lediglich die Leine irgendwo festgehakt hatte, der Taucher aber noch die Möglichkeit hatte, den Karabinerhaken von der Leine auszuklinken, um aufzusteigen. Wir haben dann den See und das Ufer abgesucht, bis wir erkennen mussten, dass auch diese Hoffnung vergeblich war“, gibt einer ein Beteiligter später zu Protokoll. Weitere Rettungsversuche werden als „aussichtslos“ aufgegeben. Um der Festnahme zu entgehen, wird das Unglück erst in Bayern Egners Eltern gemeldet, die dann die Behörden einschalten.
Ufer des Toplitzsees: Von hier aus startete Franz Egner seinen Tauchgang (Quelle: Alle Fotos Autor)
Erst am 30. Oktober 1963 wurde die Leiche des vermissten Tauchers geortet. Die Obduktion ergab, dass Egner einer tödlichen Mischung aus Leichtsinn und mangelnder Erfahrung zum Opfer fiel. Sich alleine und in übermüdetem Zustand in die Tiefe zu wagen, verstieß gegen alle Regeln des Tauchsports. Die ungenügende Ausrüstung tat ihr übriges. Ohne Schwimmkörper hatten die schweren Pressluftflaschen Egner immer weiter hinunter gedrückt, während sein „Nasstauchanzug“ keinen Schutz gegen das 3 Grad kalte Wasser bot. Auf Grund von Sauerstoffmangel im Gehirn verfiel Egner schließlich in „Tiefenrausch“: Halb bewusstlos riss er sich selbst das Mundstück weg und ertrank. Seine deutschen Auftraggeber – der ehemalige Spion des NS-Geheimdiensts und zeitweiliges Vorstandsmitglied in der „Reichspartei“, Georg Freiberger, der Augenarzt Karl Heinz Schmidt und der Ingenieur Gottfried Oswald wurden 1965 wegen fahrlässiger Tötung zu 5 Monaten bedingt verurteilt. Egner habe einen „schönen, leichten Tod gefunden, für den die Angeklagten aber nicht verantwortlich sind“, hatte die Verteidigung aufhorchen lassen.

Der Tauchunfall vor etwas mehr als 50 Jahren ist fester Bestandteil des Mythos um den Toplitzsee – in dem kleinen, aber stellenweise bis zu 103 Meter tiefen See im Salzkammergut, werden seit Kriegsende „Nazigold“ und geheime Dokumente vermutet. Genau deswegen war auch Egner angeworben worden, aber die Schatzsuche endete tragisch. Eben weil es bis heute an harten Fakten mangelt, wird hier die Geschichte der Schatzsuche anhand bislang unveröffentlichter Akten aus dem Wiener Staatsarchiv rekonstruiert. Daraus geht hervor: Der See war schon 1963, kurz nach dem Tode Egners, im Rahmen einer offiziellen Bergeaktion „abgegrast“ worden – ohne dass sich irgendwelche Reichtümer gefunden hätten. Dass sich die Faszination vom Nazigold als stärker erweisen sollte, hing auch damit zusammen, dass sich der Toplitzsee-Mythos im Kalten Krieg perfekt für politische Intrigenspiele eignete.

Pittoresker und geheimnisvoller Alpensee
Die Hinterlassenschaft der Nazizeit im Salzkammergut ist ein aktuelles Thema geblieben: Kürzlich erinnerte George Clooneys Film „Monuments Men“ an die Rettung des „Kunstschatz“ im Bergwerk von Altaussee. In den dortigen Stollen konnten  6.500 Gemälde und andere Raubkunst vor der Zerstörung bewahrt werden. Auch die Kunstsammlung der Familie Gurlitt sorgte für hiesige Kontroversen: Wolfgang Gurlitt besaß unter anderem ein Haus in Bad Aussee, das im Dritten Reich als Tummelplatz für Kunsthändler galt. Ob somit auch hier Bilder aus dubioser Provenienz aufbewahrt wurden, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. Experten bezweifeln letzteres.

Zugang zum Salzbergwerk von Altaussee
Flucht in die „Alpenfestung“
Begonnen hatte alles mit dem Drama der letzten Kriegstage: Der Talkessel des Ausseerlands zwischen Dachsteinmassiv und Totem Gebirge war 1945 zum Fluchtpunkt der Nazi-Elite sowie zerschlagener SS- und Heeresverbände geworden. Das Gebiet befand sich im Herzen der sogenannten „Alpenfestung“. Seit 1943 hatte es Planungen gegeben, in den Gebirgsregionen Bayerns, Tirols und Westösterreichs ein „nationales Bollwerk“ zu errichten. Die Alliierten nahmen die Berichte darüber so ernst, dass Oberbefehlshaber Eisenhower Ende März 1945 starke Verbände nach Süden umdirigierte. Dabei war die „Alpenfestung“ über das Planungsstadium nur ansatzweise hinausgekommen. Aber die Schimäre übte auch umgekehrt auf hochrangige Nazi-Führer eine große Anziehungskraft aus – während es Hitler abgelehnt hatte, sich dorthin zu retten, quartierten sich spätestens im April 1945 der stellvertretende SS-Führer Ernst Kaltenbrunner, der Organisator der Endlösung, Adolf Eichmann, und Kommandoführer Otto Skorzeny im Ausseerland ein.

Als „eiserne Reserve“ mitgebracht wurden jene Reichtümer, deren Verbleib bis heute den Stoff für Schatzgeschichten liefert: Eichmann beispielsweise soll auf der Blaa-Alm 22 Kisten mit geraubten jüdischen Wertgegenständen verscharrt haben. Geschätzter Wert: 8 Millionen Dollar. Doch Bettina Stangneth, Autorin einer aktuellen Eichmann-Biografie, winkt ab. Solche „Geschichten“ hätten den Mythos einer im Untergrund operierenden Nazi-Verschwörung genährt und zur Vorstellung gepasst, „dass der Krieg den Nationalsozialismus nicht vollständig besiegen konnte“. Tatsächlich sichergestellt wurde im Mai 1945 der „Salatbeetschatz“ Kaltenbrunners – im Garten seines Fluchtquartiers, der Villa Kerry in Altaussee: Mehrere Kassetten mit Goldstücken, deren genauer Wert sich nicht mehr beziffern lässt. Weiters stieß man im Herbst 1945 zufällig auf Geld und Dokumente rumänischer NS-Kollaborateure in einem Versteck im Rettenbachtal. Und welche Rolle spielte in diesem Zusammenhang der Toplitzsee? Anfang Mai 1945 wollen Augenzeugen beobachtet haben, wie SS-Männer rund 60 Holzkisten zum See transportierten. Dort war seit 1943 eine Versuchsstation der Kriegsmarine eingerichtet, die Unterwasserraketen und Sprengstoffe erprobte. Nicht mehr verwertbare Bestände der Station wurden unmittelbar vor Kriegsende im See versenkt – so wie auch jene Kisten, deren genauer Inhalt bis heute die Fantasie der Schatzsucher anregt.

Hinterlassenschaft der Marine-Versuchsstation: Deutsche Seemine wurde aus dem Toplitzsee geborgen
Schon 1946 soll der amerikanische Militärgeheimdienst Tauchgänge durchführen haben lassen, die aber rasch abgebrochen wurden. „Beweise für derartige Tauchversuche sind allerdings nicht vorhanden“, heißt es in einem Dokument von 1971 aus dem Toplitzseeakt des Innenministeriums. Und weiter: „Tatsache jedenfalls aber ist, dass im Laufe der Jahre immer wieder in den Massenmedien von einem ‚Schatz im Toplitzsee’ berichtet worden ist und dass sich auf diese Weise im Laufe der Zeit eine Legende gebildet hat, deren Ergebnis dass von verschiedensten Personen bewiesene Bestreben war, eine Bergung dieses ominösen Schatzes vorzunehmen.“

Wahrer Kern der Legende – das „Unternehmen Bernhard“
Schon 1959 schien eben diese Sensation perfekt. Eine vom deutschen Nachrichtenmagazin „Der Stern“ finanzierte Expedition stieß in 80 Meter Tiefe auf den wahren Kern der Toplitzsee-Legende. Gefunden wurden „weder Wertgegenstände noch historisch oder sonstwie bedeutsame Dokumente“ hielt man im Innenministerium fest: „Es ist lediglich gelungen, eine größere Anzahl von Kisten, die gefälschte Pfundnoten enthielten zu heben sowie eine Kiste zu bergen, in der sich u. a. verschiedenes Fälschungsmaterial und auch eine Häftlingsliste vom ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen befunden haben.“ Als „Andenkenjäger“ versuchten, noch weitere Blüten aus dem See zu fischen, wurde „veranlasst“, „eventuell noch vorhanden gewesene Pfundnoten in tiefere Seegründe“ abzuspülen, „wo sie durch Amateurtaucher nicht mehr erreichbar sind“. Das geborgene Falschgeld, schätzungsweise 3.200.000 Scheine, wurde in insgesamt 64 Kisten umgepackt. Es gehörte zu einer Operation des SS-Geheimdiensts, dem „Unternehmen Bernhard“: Zwischen 1942 und 1945 hatten 142 jüdische Häftlinge des KZ Sachsenhausen etwa 134 Millionen Pfundnoten hergestellt, von denen 8 Prozent in Umlauf kamen. Das ursprüngliche Ziel, damit die britische Wirtschaft zu destabilisieren, wurde nie realisiert. Stattdessen wickelte man Waffen- und Rohstoffkäufe sowie die Bezahlung von Agenten ab. Um alle Spuren zu verwischen, wurden die verbliebenen Blüten, Produktionsmaterial und Unterlagen im Toplitzsee beseitigt – aber nicht für alle Ewigkeit: Eine der geborgenen Kisten war über ein Stahlseil mit einem Schwimmer verbunden, der unter der Seeoberfläche trieb: „Durch diese Vorrichtung hätte es möglich gemacht werden sollen, dass ohne jeglicher weiterer optischer oder akustischer Mittel die Ortung der versenkten Kisten möglich ist“, so der Bericht. Der Versenkungsort war also für eine spätere Bergung „markiert“ worden – mit der Zeit waren Seil und Schwimmer allerdings auf den Grund gesunken.

Ebenfalls geborgen: Ein "Röchling-Geschoss" 
Der im Grunde profane Falschgeldfund wurde in den Medien gründlich aufgebauscht, wie die Behörden registrierten: „So wurde von der Auffindung eines Tagebuches des Reichsführers SS Himmler berichtet, obgleich ein solches niemals auch nur andeutungsweise gefunden worden wäre. Auch über die angeblichen Sabotageakte wurde mehrfach berichtet, die jeglicher Grundlage entbehrten. Es ereignete sich lediglich ein Fall, bei welchem sich ein Halteseil des Floßes entweder selbst löste oder aus Bosheit gelöst wurde. In der Presse wurde dieses Vorkommnis als Sabotage und schwere Gefährdung der sich am Floss befindlichen Personen dargestellt.“ Dass ein wachsames Netzwerk ehemaliger SS-Offiziere den Schatzsuchern nach dem Leben trachte, war auch der Stoff des Films „Der Schatz vom Toplitzsee“, den Franz Antel noch 1959 ins Kino brachte. Ebenso erklärte man eine Serie von Todesfällen in der Umgebung des Sees zwischen 1945 und 1953 mit den Machenschaften dunkler Mächte. Tatsächlich handelte es sich um Alpinunfälle – weder waren einige der Toten, wie behauptet, frühere Mitarbeiter der Marineversuchsstation noch standen sie miteinander in Verbindung. Auch der Tod des Tauchers Egner 1963 wurde von der Boulevardpresse sofort zum hinterlistigen Mord stilisiert. „Bild“ titelte nicht umsonst in dicken Lettern: „Wer das Gold holt – der riskiert sein Leben.“ Zur Schauerromantik passten auch Geschichten von „Autos mit verhängten Nummerntafeln und abgeblendeten Scheinwerfern“, die nächtens „geheimnisvolle Besucher“ zum See brachten.
Info-Tafel bei Fischerhütte am Toplitzsee (Stern-Expedition 1959)
„Der Banditenschatz“ – der Toplitzsee und der Kalte Krieg
Die Sensationslust wurde zum Teil gezielt angeheizt. Beispielsweise behauptete die sowjetische „Prawda“ 1963, dass der Toplitzsee ein schmutziges Geheimnis berge: Dokumente des SS-Geheimdienstes, deren Bekanntwerden viele hochstehende Persönlichkeiten in Westdeutschland als Nazis belasten würde. In der DDR wiederum veröffentlichte der als Enthüllungsjournalist getarnte Stasimajor Julius Mader 1965 „Der Banditenschatz“. Mader ging es dabei nicht um Fakten, sondern darum, einen Beitrag zum Propagandakrieg zwischen Ost und West zu leisten. Der Toplitzsee sei zum „Tresor“ umfunktioniert worden, damit die „Reste des Nazischatzes“ und „die Schlüssel zu den in Depots verlagerten Reichtümern“ in den Händen der „Erben hitlerscher Raubpolitik“ blieben. Diese waren für Mader niemand anderer als die Führungselite der gegnerischen Bundesrepublik. Schon 1962 hatte er Kontakte zur „Forschungsgemeinschaft Toplitzsee“ (FGT) geknüpft, die sich mehrfach um Bergegenehmigungen bei der österreichischen Regierung bemüht hatte. Erster Vorsitzender der FGT war bezeichnenderweise der ehemalige SS-Sturmbannführer Friedrich Schwend, der Vertriebsleiter des „Unternehmen Bernhard“. Sein Generalbevollmächtigter und später dritter Vorsitzender, der Karlsruher Pharmahändler Heinz Riegel, führte eine jahrelange Kampagne: „Wir wollen tauchen, dafür gehe ich bis in die Hölle.“ Um Druck auszuüben, behauptete Riegel, die Behörden würden bewusst einen Deckel über den See halten, damit keine Kontonummern oder Namenslisten ans Tageslicht gelangen. Das war ganz im Sinne der Stasi, die angeblich die FGT finanziell unterstützte. Laut dem Berliner Journalisten Andreas Förster plante der DDR-Geheimdienst sogar eigene Erkundungen: Örtlichkeiten wurden von „Touristen“ ausgekundschaftet, Spezialtaucher trainierten das Bergen aus großer Tiefe – ehe politische Überlegungen das Manöver stoppten.


Aktion Tarnvorhang
In Österreich wiederum war nach dem eingangs erwähnten Tauchunfalls Egners die Forderung nach einer umfassenden Suche unüberhörbar geworden. „Die Tragödie im Toplitzsee sollte ein weiterer Grund dafür sein, endlich eine offizielle Bergungsaktion einzuleiten, die dem Spuk ein Ende macht“, befand etwa der „Kurier“. In die Diskussion schaltete sich auch „Nazijäger“ Simon Wiesenthal ein: Dieser hatte, wie sein Biograph Tom Segev vermerkt, „eine große Schwäche für Geheimnisse“ und ließ sich von den Gerüchten rund um den Toplitzsee „gefangen nehmen“. In der dicken Akte, die Wiesenthal dazu anlegte, findet sich auch ein Brief an Innenminister Franz Olah vom 23. Oktober 1963. Darin äußert Wiesenthal Überzeugung, „dass im Toplitzsee Dokumente über die Verlagerung deutschen Kapitals befinden, das heißt die sogenannte Liste der Depositare.“ Damit meinte Wiesenthal die Verfügungsberechtigten der Auslandskonten, auf die die Nazi-Fluchtgelder transferiert worden waren. Beleg war das Protokoll einer Geheimkonferenz: Am 10. August 1944 sollen Vertreter der SS und der deutschen Industrie in Straßburg abgemacht haben, Devisen und Goldschätze in Sicherheit zu bringen, um damit später ein „viertes Reich“ zu finanzieren. Aber auch diese Spur führt ins Leere – die Authentizität des Dokuments gilt als umstritten.

Relikte aus dem Toplitzsee (Museum Bad Aussee)
Noch lebende NS-Täter dagegen winkten von Beginn an ab. Auf den Toplitzsee angesprochen, sagte Otto Skorzeny der „Kronen Zeitung“: „Nein, da ist nichts drin. Höchstens ein Haufen gefälschter Pfundnoten und Waffen.“ Nicht viel anderes lautete die Antwort des SS-Geheimdienstmanns und späteren honorigen Privatschuldirektors in Bad Aussee, Wilhelm Höttl: „Wer würde auch so dumm sein, Gold in einen abgrundtiefen See zu werfen? Gold vergräbt man.“ Höttl wusste offenbar, von was er sprach: Stand er doch seit 1949 in Verdacht, bei Kriegsende rund um Bad Aussee „größere Mengen von Opium und eine Kiste mit Gold und Preziosen“ versteckt zu haben. Um die ausufernden Spekulationen zu beenden, wurde schließlich zwischen 23. Oktober und 6. Dezember 1963 die „Aktion Tarnvorhang“ durchgeführt. Zum Ärger von rund 150 angereisten Journalisten aus dem In- und Ausland wurde das gesamte Gebiet um den See zur Sperrzone erklärt und zeitweise von 130 Gendarmen bewacht. Unterstützt von einer Wiener Spezialfirma verbrachten Taucher des Entminungsdiensts insgesamt 302 Stunden unter Wasser. Nach einer Woche wurde, wie eingangs erwähnt, die Leiche Egners lokalisiert. Über die weiteren Ergebnisse heißt es in den Ermittlungsakten: „Mehr als die Hälfte des Seegrundes wurde mit einer Förster-Sonde abgesucht und mittels Unterwasserfernsehkamera geortet. Geborgen wurden folgende Gegenstände: Verschiedenes Kriegsgerät der seinerzeitigen Marineversuchsstation Toplitzsee; falsche Pfund-Noten im Werte von 5, 10, 20 und 50 Pfund; 44 Druckstöcke zur Herstellung von Pfund-Noten; 236 Einsätze für Druckstöcke; Druckstöcke für verschiedene falsche Ausweise; 10 Nummeratoren groß und 20 Nummeratoren klein; 6 Druckplatten für verschiedene Ausweise; 74 Probeplatten aus Zink, 14 Probeplatten aus Messing (sie dienten zur Herstellung der Drucklettern auf den Druckstöcken). Das geborgene Falschgeld wurde am 28. 4 1964 in der Verbrennungsanlage der Österreichischen Nationalbank in Wien im Beisein von zwei Beamten der Bank von England verbrannt. Das drucktechnische Material wurde von den Beamten der Bank von England gegen Bestätigung übernommen.“


„Reine Erfindung“
Die Kosten der „Aktion Tarnvorhang“ beliefen sich auf rund zwei Millionen Schilling. Nicht ohne gewissen Stolz wurde abschließend verlautbart: „Wir haben unser Ziel erreicht und bewiesen, dass der See leer ist.“ Zu diesem Zeitpunkt war das Gros der Journalisten aus Protest gegen die rigiden Absperrmaßnahmen längst abgereist. In den Wochen davor waren die Wellen noch hochgegangen: Wie selbst die „Kronen Zeitung“ kritisch anmerkte, hatten zahlreiche „Großsprecher“ die „weit verbreitete Toplitzitis“ ausgenützt. Auch die Glaubwürdigkeit der „Forschungsgemeinschaft“ erhielt Risse. Man hatte ihren Generalbevollmächtigten Riegel hinzugezogen, aber an den von ihm bezeichneten Stellen nichts gefunden. „Er hat dann damals zugeben müssen, dass er sein angebliches Wissen nicht aus eigenen Wahrnehmungen besitze, sondern aus verschiedenen dubiosen Quellen beziehe. Dass er ungeachtet dieses damaligen Eingeständnisses schon kurze Zeit später wieder mit seinen alten Behauptungen an die Öffentlichkeit getreten, gibt wohl ein eindeutiges Urteil über seine Seriosität ab“, fasst ein Bericht von 1971 zusammen. Darin ist auch festgehalten, dass für die amtlichen Stellen „die Angelegenheit der angeblich im Toplitzsee befindlichen Schätze und Dokumente“ mit der Suche von 1963 „abgeschlossen“ war: Es sei der Beweis erbracht, dass die Mutmaßungen „um ein im Toplitzsee verschlossenes Geheimnis reine Erfindung sind“. Ungeachtet dessen würden sich immer Leute finden, die „Legendenbildung“ betreiben – dagegen könne nichts unternommen werden: „Es besteht aber Grund zur Annahme, dass Triebfeder all dieser Publikationen nur Sensationslust oder aber ein gewisses Profitstreben sein können.“

Der Toplitzsee verlor jedenfalls nichts von seiner Anziehungskraft: Nach 1963 fanden zahlreiche Tauchgänge des Entminungsdiensts sowie mehrere internationale Expeditionen statt. Am erfolgreichsten war der deutsche Meeresbiologe Hans Fricke, der dreimal mit den Forschungs-U-Booten „GEO“ und „JAGO“ den Alpensee erkundete. Seine Entdeckung des Toplitzsee-Wurms „Willi“, der in einer Schwefelwasserstoff-Substanz ganz ohne Sauerstoff auskommt, fand wenig Resonanz. Interessierter waren die Medien an den Relikten, die Fricke bei seiner ersten Expedition 1983 in 80 bis 103 Metern Tiefe am Seegrund gesichtet hatte – „vor allem Metallteile und Raketentreibsätze, zwei Fliegerbomben sowie Funkgeräte und Messinstrumente“. Die Frage, „ob hinsichtlich des georteten Falschgelds und der noch ungeöffneten Kisten, die eventuell geheimes Aktenmaterial beinhalten könnten, weitere Aktivitäten erfolgen sollen,“ wurde Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Robert Danzinger, zunächst noch negativ beschieden. Doch schon 1984 bargen Heerestaucher unterstützt von Fricke die ausgemachten Kriegsrelikte und das Falschgeld.

Peinlich endete dagegen ausgerechnet die bislang technische aufwendigste Aktion: Ein vom amerikanischen TV-Sender CBS finanziertes Unternehmen barg im Jahr 2000 eine Kiste, die statt Gold nur die gesammelten Kronenkorken einer Stammtischrunde enthielt. Zuletzt wurde 2009 ein mehrmals verschobenes Projekt von Seiten des Tauchteams abgesagt. Zunehmend hatte sich bestätigt, was der „Spiegel“ schon 1963 befunden hatte: Der Toplitzsee war doch nur der „Mülleimer des Dritten Reiches“. Klar ist aber auch, die Schatzsuche wird weitergehen…

"Schatzkiste" - von der CBS-Expedition geborgen