Der
sogenannte „Noricum-Skandal“ hat das politische System der Zweiten Republik
zwischen 1985 und 1993 nachhaltig erschüttert. Sieht man von journalistischen
und politikwissenschaftlichen Arbeiten ab, so hat eine quellengestützte
Aufarbeitung der Causa bislang nicht stattgefunden. Diese entzündete sich rund
um eine Reihe von illegalen Waffengeschäften mit Irak und Iran, während sich
diese Staaten im Ersten Golfkrieg (1980-1988) bekämpften. Die Lieferungen
wurden von der Noricum Maschinenhandels GesmbH, einer Tochterfirma der
Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke-Alpine Montan AG
(VOEST-Alpine AG), durchgeführt und umfassten insgesamt 353 weitreichende
Haubitzen (GHN-45), dazugehörige Munition und Zubehör. Dabei handelte es sich
um einen Verstoß gegen das österreichische Kriegsmaterialexportgesetz, dass den
Waffenverkauf an kriegführende Staaten untersagte.
Es folgt ein Auszug aus dem gleichnamigen Artikel in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte Nr. 1/2016.
Es folgt ein Auszug aus dem gleichnamigen Artikel in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte Nr. 1/2016.
Gun Howitzer Noricum (GHN-45) (Quelle: Wikimedia Commons/Sturmvogel 66) |
Wie der damalige
freie Sozialwissenschaftler Peter Pilz in „Die Panzermacher“ (1982) betont, war
Rüstungsproduktion in Österreich Anfang der 1980er Jahre grundsätzlich „nichts
Neues“: „Schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde im Kernland der
damaligen Monarchie sukzessive mit der Produktion all dessen begonnen, was
später im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, zu millionenfachem Einsatz kommen
sollte.“ Nach 1945 musste die Waffenproduktion eingestellt werden – bis mit der
Neugründung des Bundesheers 1955 auch wieder Kriegswaffen erzeugt wurden. Zu
Beginn der 1970er Jahre waren aber nur mehr zwei Betriebe – die
Steyr-Daimler-Puch AG und die Hirtenberger Patronenfabrik – stärker in diesem
Feld tätig. 1975 exportierte Österreich Kriegsmaterial im Ausmaß von 0,8
Prozent seiner Exporte. 1979, nachdem mit der VOEST-Alpine AG auch das
Schwergewicht der Österreichischen Industrieaktiengesellschaft (ÖIAG) das
Engagement massiv ausgeweitet hatte, sollten es bereits 1,2 Prozent sein.
Mitte der 1980er
Jahre waren rund 15.000 österreichische Arbeitsplätze direkt oder indirekt von
Waffenproduktion abhängig. Die Branche wurde mehrheitlich von staatlichen
Unternehmen dominiert: Ende der 1980er Jahre entfielen bereits 86 Prozent der
Umsätze auf die VOEST-Alpine und die Vereinigten Edelstahlwerke (VEW) mit ihrer
Tochter Hirtenberger sowie die Steyr-Daimler-Puch-AG, die mehrheitlich der
Staatsbank Creditanstalt gehörte . Daneben waren unter anderem als „Player“
vertreten: Glock, Voere, die Südsteirische Metallindustrie, Dynamit-Nobel, die
Swarovski-Werke oder die Österreichische Automobilfabrik Gräf & Stift AG
(ÖAF). Von den Produkten her entwickelte sich der Steyr-Daimler-Puch-Jagdpanzer
„Kürassier“ zum Exportschlager in Staaten der „Dritten Welt“: „Die Wanne, die
vorne 2-cm-Panzersprenggranaten trotzt, liefert die VOEST. Ein 300 PS starker
Steyr-Dieselmotor macht den 17-Tonnen-Panzer, ‚der sich auch für alltägliche
militärische Aufgaben wunderbar eignet’ (Steyr-Werbung), 67 Stundenkilometer schnell“,
berichtete „profil“. Mit Handfeuerwaffen – Jagdgewehren und dem
Armee-Universal-Gewehr (Steyr AUG) – setzte Steyr-Daimler-Puch alleine im
ersten Halbjahr 1980 1,5 Milliarden Schilling um.
Der Rüstungssektor wurde als
wichtige Stütze des gesamten Konzerns angesehen: Der Umsatz mit Kriegsmaterial
war innerhalb von fünf Jahren von 100 Millionen auf drei Milliarden Schilling
(1980) gestiegen und machte somit 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Von den
23.000 Steyr-Daimler-Puch-Beschäftigten waren 2.000 direkt in die Erzeugung von
Gewehren, Militär-LKW und Panzern eingebunden. Im Vergleich mit den großen
Rüstungsexporteuren blieb Österreich freilich eine vernachlässigbare Größe:
1978 rangierte das Land mit 120 Millionen US-Dollar in Rüstungsexporten weit
hinter den USA (6.700 Millionen US-Dollar), Frankreich (1.350 Millionen
US-Dollar), Großbritannien (1.100 Millionen US-Dollar) und der Bundesrepublik
Deutschland (1.100 Millionen US-Dollar). Allerdings machte Österreich im
Unterschied zu anderen neutralen Rüstungsexporteuren wie Schweden (100
Millionen US-Dollar) und der Schweiz (40 Millionen US-Dollar) deutlich mehr Umsatz.
Während also die Produktion schrittweise ausgeweitet wurde, entwickelten sich
die Erträge rückläufig: Nach dem Boomjahr 1978 mit 7,8 Milliarden Schilling
Umsatz waren es 1984 unter vier Milliarden Schilling (im Vergleich zur gesamten
Industrieproduktion waren die Waffenschmiede zu diesem Zeitpunkt mit 0,7
Prozent „Umsatzzwerge“). .
Der Hauptgrund für
die im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten relativ späte Etablierung
eines Rüstungssektors lag in der wirtschaftlichen Entwicklung: Ab Mitte der
1970er Jahre wurde Österreich vom postindustriellen Wandel erfasst. Die
Wachstumsraten sanken jährlich von 5 Prozent in den 1960er Jahren auf niedrige
2,6 Prozent in den 1970er Jahren. Der Ölpreisschock von 1973/74 und die damit
verbundene Erhöhung der Energiepreise hatte gerade die grundstofferzeugenden
Zweige der Industrie und hier den Stahl- und Eisenbereich getroffen – Sektoren,
in denen die verstaatliche Industrie ihre traditionellen Schwerpunkte hatte .
Der Kapazitätsabbau war so umfassend, dass die Staaten der Europäischen
Gemeinschaft (EG) 1984 weniger Stahl produzierten als 30 Jahre zuvor. Angesichts
dieser massiven Verschlechterung der internationalen Konjunktur stieß der
Handlungsspielraum des „Austro-Keynesianismus“ an seine Grenzen: Unter
letzterem Begriff versteht man eine wirtschaftspolitische Kombination aus
expansiver Budgetpolitik, wirtschaftsfördernden Maßnahmen, Hartwährungspolitik
und sozialpartnerschaftlicher Lohn- und Preispolitik – um so die Kaufkraft zu
stärken und Arbeitsplätze zu erhalten, was sich jedoch zunehmend schwierig
gestaltete .
Im Winter 1980/81
überschritt die Arbeitslosenzahl erstmals die symbolisch wichtige Marke von
100.000 Personen. Eine Serie von Firmenzusammenbrüchen brachte Österreichs
zweitgrößtes Kreditinstitut, die Länderbank, ins Wanken, während die
VOEST-Alpine 1981 das bis dahin schlechteste Betriebsergebnis schrieb. 1982/1983
sollten sich die Rahmenbedingungen durch den zweiten Ölschock zusätzlich
eintrüben – die Arbeitslosigkeit stieg 1982 auf 3,5 Prozent. Der „Kampf um
Vollbeschäftigung“ sei dementsprechend zur „staatspolitischen Leitlinie, ja
nachgerade zum Dogma geworden“, so der Kreisky-Biograph Wolfgang Petritsch. Diese
Priorität bestätigte auch der langjährige Präsident des Österreichischen
Gewerkschaftsbund (ÖGB), Anton Benya, 1990 als Zeuge im Zuge des Noricum-„Managerprozesses“: „Die Regierung war daran interessiert, ganz gleich, ob das
bei der Voest-Alpine oder bei privaten Firmen war: Beschäftigung!
Beschäftigung, Beschäftigung für die Menschen.“ Auf Nachfrage des vorsitzenden
Richters, ob diesbezüglich auch Druck seitens der Gewerkschaft ausgeübt wurde,
antwortete Benya: „Wenn man selbst einmal einige Male arbeitslos gewesen ist,
und zwar in der 1. Republik, und weiß, was es bedeutet, wenn die Leute arbeiten
wollen, um ihre Familien ernähren zu können, dann sagt man: Das Wichtigste ist,
den Leuten eine Arbeit zu geben ansonsten entstehen Notstandsgebiete.“
Als die Stahlkrise
und der damit verbundene Nachfrageeinbruch ab Mitte der 1970er Jahre die
Strukturschwächen einzelner VOEST-Alpine-Standorte offenlegte, reagierte man
mit einer Diversifikationsstrategie – also dem Einstieg in neue
Produktionsbereiche und Technologien, darunter auch die Waffenproduktion. In
einem diesbezüglichen Vorstands-Dokument von 1979 heißt es: „Es hat sich
gezeigt, dass die Werke Ferlach, St. Aegyd, Eisenerz, Liezen und Kindberg auch
bei normalen Konjunkturverlauf nur mit relativ hohen Verlusten zu führen wären,
und wir waren daher gezwungen, eine Änderung der Produktionsstruktur dieser
Betriebe herbeizuführen.“ Das Werk Liezen galt als eines der „größten
Sorgenkinder“ – um den Standort und dessen Arbeitsplätze zu erhalten, wurde
Waffenherstellung als „optimale Lösung“ ins Auge gefasst: Darin wurde die
Möglichkeit gesehen, „Liezen langfristig zu sanieren und gleichzeitig durch
Abgabe der Gießerei den Standort Traisen abzusichern“ .
Schon ab 1978 begann daher Generaldirektor Heribert Apfalter, den Rüstungsgüterverkauf auszuweiten. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen bereits Sprenggranatkörper, Panzerwannen, Panzer-Turmoberteile und –aufbauten, Kettenglieder und verschiedene Lafettenkomponenten erzeugt. Nun wurde am 1. September 1979 ein eigener Geschäftsbereich, die „Wehrtechnik“, installiert. Der Vorstand war überzeugt, dass man als Hütten- und Verarbeitungsbetrieb produktionstechnisch „beste Voraussetzungen“ mitbrächte. Außerdem würden sich besonders günstige Marktchancen bieten, „sofern es gelingt, komplette Waffensysteme auf Basis eigener Technologie zu fertigen und anzubieten“. Als Verkaufsschiene wurde die „Noricum Maschinenhandels GesmbH in Liezen aufgebaut. Gemäß Vorstandsbeschluss sollte die Noricum „a) den Vertrieb der wehrtechnischen Produkte des VA-Konzerns an alle Kunden und b) den Vertrieb sonstiger Produkte des VA-Konzerns an das Österr.[eichische] Bundesheer und ausländische Militärs durchführen.“ Der Vorstand argumentierte seine Entscheidung grundsätzlich damit, dass „die staatliche und geopolitische Situation Österreichs“ eine eigenständige Produktion von „Verteidigungsgeräten“ erfordere und dies „geradezu zwangsläufig Exportaktivitäten nach sich ziehen“ würde – „mit allen volkswirtschaftlichen Auswirkungen (Arbeitsplätze, Handelsbilanz, Image: Österreich als Lieferant hochtechnischer Geräte usw.).“ Die Sparte Wehrtechnik ermögliche „einen indirekten Zugang zu modernster Anwendungstechnologie und damit den Ausgangspunkt für Innovationen im zivilen Bereich (z.B. Mikroelektronik, Präzisionstechnik)“. Eine „größere Programmbreite“ der Verstaatlichten würde zudem den Vorteil bieten, „künftige Konjunkturschwankungen abzufangen“.
Schon ab 1978 begann daher Generaldirektor Heribert Apfalter, den Rüstungsgüterverkauf auszuweiten. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen bereits Sprenggranatkörper, Panzerwannen, Panzer-Turmoberteile und –aufbauten, Kettenglieder und verschiedene Lafettenkomponenten erzeugt. Nun wurde am 1. September 1979 ein eigener Geschäftsbereich, die „Wehrtechnik“, installiert. Der Vorstand war überzeugt, dass man als Hütten- und Verarbeitungsbetrieb produktionstechnisch „beste Voraussetzungen“ mitbrächte. Außerdem würden sich besonders günstige Marktchancen bieten, „sofern es gelingt, komplette Waffensysteme auf Basis eigener Technologie zu fertigen und anzubieten“. Als Verkaufsschiene wurde die „Noricum Maschinenhandels GesmbH in Liezen aufgebaut. Gemäß Vorstandsbeschluss sollte die Noricum „a) den Vertrieb der wehrtechnischen Produkte des VA-Konzerns an alle Kunden und b) den Vertrieb sonstiger Produkte des VA-Konzerns an das Österr.[eichische] Bundesheer und ausländische Militärs durchführen.“ Der Vorstand argumentierte seine Entscheidung grundsätzlich damit, dass „die staatliche und geopolitische Situation Österreichs“ eine eigenständige Produktion von „Verteidigungsgeräten“ erfordere und dies „geradezu zwangsläufig Exportaktivitäten nach sich ziehen“ würde – „mit allen volkswirtschaftlichen Auswirkungen (Arbeitsplätze, Handelsbilanz, Image: Österreich als Lieferant hochtechnischer Geräte usw.).“ Die Sparte Wehrtechnik ermögliche „einen indirekten Zugang zu modernster Anwendungstechnologie und damit den Ausgangspunkt für Innovationen im zivilen Bereich (z.B. Mikroelektronik, Präzisionstechnik)“. Eine „größere Programmbreite“ der Verstaatlichten würde zudem den Vorteil bieten, „künftige Konjunkturschwankungen abzufangen“.
Die Entscheidung für
die Wehrtechnik kam im Kontext der bis dahin überschaubaren Waffenproduktion
einem Kulturwandel gleich – der in der pazifistisch geprägten und politisch
neutralen Zweiten Republik von Beginn an Widerspruch erregte. Selbst intern gab
es Widerstände: In einer Aufsichtsratssitzung von 1981 meinte etwa
ÖIAG-Vorstandsvorsitzender Oskar Grünwald, dass die Waffenproduktion
„wahrscheinlich einfach notwendig“ sei – allerdings müsse in einem Land „mit so
großer katholischer und sozialistischer Tradition getrachtet werden […], nur
soweit als unbedingt notwendig auf diesem Sektor tätig zu werden, im Übrigen
aber den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Aktivitäten in größtmöglichem Umfang
auf zukunftsträchtige zivile Produkte zu legen. Dies umso mehr, als die
Fertigung militärischer Produkte auf Grund des relativ geringen Eigenbedarfs
immer exportorientiert und damit auch außenpolitisch brisant sein wird.“ Die
Haltung der Regierungspartei SPÖ in der Rüstungsfrage war von Widersprüchen
gekennzeichnet. Im Parteiprogramm von 1978 fand sich die Forderung, dass die
„Macht der Rüstungsindustrie beseitigt“ und „Initiativen für Abrüstung“ gesetzt
werden sollten. Für die Regierung wog die arbeitsmarktpolitische Prämisse
dennoch mehr als ideologischer Vorbehalt. Handelsminister Josef Staribacher
beispielsweise vertrat die Ansicht, „dass wir so wie andere Staaten unbedingt
die Interessen der österreichischen Industrie bei Waffenverkäufen wahrnehmen
müssen. Ideologisch mag man als Sozialist und wie ich mich auch bezeichnen darf
als Pazifist zu diesen Problemen stehen, wie man will. Die wirtschaftliche Notwendigkeit
für die Steyrer-Werke und auch für andere Produzenten wie Hirtenberg, Assmann,
usw. entweder alte Absatzgebiete zu bewahren oder was noch wichtiger ist, neue
wie z.B. eben Tunesien dazuzugewinnen, sind aus arbeitsmarktpolitischen Gründen
unbedingt notwendig.“ Innerhalb der Partei gab es viele, die diese pragmatische
Sichtweise nicht teilten. Aber die innerparteilichen
Auseinandersetzungen rund um das Atomkraftwerk Zwentendorf (1978) und die
Besetzung der Hainburger Au (1984) waren „viel härter als rund um die
Waffengeschäfte“.
Bei der kritisch
wichtigen Auswahl des Produkts ging man seitens der VOEST-Alpine davon aus,
dass gerade weitreichende Kanonen gute Absatzchancen haben würden. Im Mai und
November 1979 kam es zum Abschluss zweier entsprechender Lizenzverträge mit der
kanadischen Space Research Cooperation. Firmengründer Gerald Bull galt damals
als führende Autorität auf dem Gebiet der Artillerietechnologie. Die
VOEST-Alpine erwarb von Bull für zwei Millionen Dollar die Lizenz zur
Erzeugung der GHN-45 (Gun Howitzer Noricum-Kaliberlänge 45). Hierbei handelte
es sich um „die beste Kanone der Welt“ („profil“) – eine gezogene 155-mm
Haubitze, die sowohl mit konventioneller Munition als auch mit taktischen
Nuklearwaffen bestückt werden konnte. Mit einer Reichweite von 39 km übertraf
die GHN-45 um fast 10 km mehr die Schussweiten sämtlicher Konkurrenzprodukte. Mit
einer Spezialmunition („base bleed“) ließ sich die Reichweite sogar noch auf 45
km steigern.
Mit der Fertigung der
GHN-45 waren alleine in Liezen 1.600 Arbeiter beschäftigt. Die zur Kanone passende
Spezialmunition, Treibladungen und Zünder wurde von der Hirtenberger
Patronenfabrik erzeugt, von der die VOEST-Alpine im Juli 1981 mehr als 73
Prozent der Aktien gekauft hatte. Seitens der politisch Verantwortlichen
erkannte Bundeskanzler Kreisky im Einstieg der VOEST-Alpine in die Wehrtechnik
eine „weitreichende unternehmerische Entscheidung, von der auch Rückwirkungen
für die österreichische Außen- und Außenhandelspolitik erwartet werden können“.
Er bat daher den Vorstand um Mitteilung, „wie sie das Risiko für einen
gesicherten Absatz in Anbetracht der Beschränkungen sehen, die sich aus dem
Status der immerwährenden Neutralität und den gegebenen gesetzlichen Normen in
Österreich ergeben“. Wie aus einem Protokoll einer VOEST-Alpine-Vorstandsitzung
hervorgeht, dürfte der Bundeskanzler die Weichenstellung zuvor schon gebilligt
haben – so hieß es 1978 über ein „Gespräch mit Bundeskanzler Dr. Kreisky zum
Thema Wehrtechnik“: Dieser „erachtet unsere Vorgangsweise als sinnvoll im Sinne
der Strukturbereinigung und weist darauf hin, daß bei unserem Vorgehen darauf
Bedacht genommen werden soll, den österreichischen Staatsvertrag nicht zu
verletzen und eine Kollision mit Hirtenberger und Steyr-Daimler-Puch zu
vermeiden.“
Kreiskys Zweifel wurden genährt, als ihn der damalige österreichische Generalkonsul in New York, Thomas Nowotny, darüber informierte, dass die Space Resarch Cooperation „international schwer kompromittiert sei“ – und zwar wegen „Waffenschiebereien nach Südafrika“. Laut eigenen Angaben warnte Kreisky den ÖIAG-Vorstand als auch Apfalter „eindringlich vor den Risiken derartiger Geschäfte“. Verantwortliche der VOEST-Alpine versicherten daraufhin, „dass die Pressemeldungen über Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit Geschäften mit Dr. Bull […] jeder Grundlage entbehrten“. Innerhalb der SPÖ-Führungsriege waren die Wehrtechnik-Befürworter aber ohnehin in der Mehrzahl. Im Rahmen einer Sitzung des erweiterten Parteipräsidiums brachte Kreisky Einwände vor – allerdings erfolglos: „Vor allem die Oberösterreicher, die Steirer und die Gewerkschafter habe ich gegen mich gehabt, die argumentiert haben, Liezen müsse zusperren. Ich habe massiven Widerstand von denen gehabt, die gesagt haben, nein, bitte, wir wünschen keine Einmischung. Die VOEST muss das selbst verantworten.“
Kreiskys Zweifel wurden genährt, als ihn der damalige österreichische Generalkonsul in New York, Thomas Nowotny, darüber informierte, dass die Space Resarch Cooperation „international schwer kompromittiert sei“ – und zwar wegen „Waffenschiebereien nach Südafrika“. Laut eigenen Angaben warnte Kreisky den ÖIAG-Vorstand als auch Apfalter „eindringlich vor den Risiken derartiger Geschäfte“. Verantwortliche der VOEST-Alpine versicherten daraufhin, „dass die Pressemeldungen über Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit Geschäften mit Dr. Bull […] jeder Grundlage entbehrten“. Innerhalb der SPÖ-Führungsriege waren die Wehrtechnik-Befürworter aber ohnehin in der Mehrzahl. Im Rahmen einer Sitzung des erweiterten Parteipräsidiums brachte Kreisky Einwände vor – allerdings erfolglos: „Vor allem die Oberösterreicher, die Steirer und die Gewerkschafter habe ich gegen mich gehabt, die argumentiert haben, Liezen müsse zusperren. Ich habe massiven Widerstand von denen gehabt, die gesagt haben, nein, bitte, wir wünschen keine Einmischung. Die VOEST muss das selbst verantworten.“
Das „grüne Licht“
seitens der Politik war später das Hauptargument in der Verteidigungslinie der
angeklagten Noricum-Manager. Beim Wehrtechnik-Engagement sei „überhaupt kein
Politiker dagegen“ gewesen, „vom Betriebsrat bis zur Regierung“, gab etwa
Noricum-Gesamtprokurist Anton Elmer 1990 an: „Wenn ich jetzt höre, Kreisky war
dagegen, dann möchte ich ein Zitat wiedergeben, was er wirklich zum Schluss
gesagt hat: ‚Okay, macht’s es, aber macht’s es unter der Tuchent.“ Kreisky
bezeichnete dieses Zitat, das ihm Elmer in den Mund legte, als „Verleumdung“. Gegenüber
der „Arbeiter-Zeitung“ legte er Wert darauf, „nicht der Diktator der Industrie“
gewesen zu sein. Der parlamentarische Noricum-Untersuchungsausschuss, der
zwischen 1989/1990 die Causa untersuchte, konnte jedenfalls „keine
Einflussnahme“ von politischer Seite „gegen“ die Ausweitung der
Waffenproduktion feststellen: „Bei mehreren offiziellen Auslandsbesuchen von
Regierungsmitgliedern wurde sogar ausdrücklich auf diese Waffenproduktion
hingewiesen.“
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