Anfang
August 1981 erhielt der 21jährige Palästinenser Husham Rajih einen Brief ohne
Absender – auf einem halben Bogen weißen Papiers stand mit Kugelschreiber
sinngemäß geschrieben: „Ich treffe dich in zwei Tagen oberhalb der
Opernpassage, nächst der Oper!“ Nachdem er die Mitteilung gelesen hatte,
zerriss Rajih den Brief und warf alles in den Hauscontainer: „Ich erschien so
wie im Brief mitgeteilt, zwei Tage nach dem Erhalt des Schreibens, am
vereinbarten Ort, Opernpassage nächst der Oper.“ Dort wurde er dann von
einem Araber angesprochen: Es war sein Führungsoffizier Bahij Younis – beide
waren Angehörige der berüchtigten Abu-Nidal-Organisation (ANO). In deren Auftrag
hatte Rajih wenige Monate zuvor, am 1. Mai 1981, den Wiener Verkehrsstadtrat
Heinz Nittel erschossen. Nun ging es um eine weitere, noch größer angelegte
Operation: Einen Überfall auf die Synagoge in der Wiener Seitenstettengasse.
Befehlsausgabe
im Cafe Westend
Younis und Rajih
trafen sich am 27. August 1981 um 10 Uhr ein weiteres Mal. Diesmal ging es um
die genauen Einzelheiten. Man setzte sich an einen Tisch ins Cafe Westend. „Der
Mann kam gleich zur Sache und erklärte, dass meine Aufgabe beim Anschlag sei,
den Hinterausgang des Jüdischen Bethauses in Wien 1., Fleischmarkt, Höhe der
Stiege zu überwachen und herauskommende Personen ohne Warnung
niederzuschießen“, erzählte Rajih später. Anschließend erhielt er eine Umhängetasche,
welche eine Maschinenpistole, drei dazugehörige Magazine mit je 25 Schuss und
drei Handgranaten beinhaltete. Younis erklärte die Funktionsweise der Waffen
und zeichnete Rajih die Sicherungshebeleinrichtung sowie die Prozedur des
Schießfertigmachens auf einem Zettel auf. Anschließend nahm er Rajih noch
Reisepass, Sparbuch und den Studentenausweis der TU Wien ab. Nach dem Treffen
nutzte Rajih die restliche Zeit, um sich mit den Waffen vertraut zu machen bzw.
die Umgebung rund um die Synagoge auszuspähen.
Der
Komplize
Von besonderer
Wichtigkeit war die Information, dass für den Anschlag, der zwei Tage darauf am
29. August 1981 stattfinden sollte, ein Komplize bereitstehen würde. Hierbei
handelte es sich um den 25jährigen Palästinenser Marwan Hassan. 1973 in den
Irak geflüchtet, hatte er sich der ANO angeschlossen. Während Rajih sich seit
Ende 1978 als „Schläfer“ in Österreich befand, traf Hassan erst ca. drei Monate
vor dem Synagogenanschlag ein. Als einfacher „Soldat“ innerhalb der
Gruppenhierarchie war es seine Aufgabe gemeinsam mit Rajih, den er zuvor noch
nie gesehen hatte, den Überfall durchzuführen. Nachdem Hassan am 29. August
1981 frühmorgens von seiner Bleibe in der Engerthstraße Nr. 51 in
Wien-Brigittenau aufgebrochen war, fanden seine sechs arabischen Mitbewohner
ein leeres Beet vor. Darauf lagen Lehrbücher vom Deutschsprachkurs (Titel „Wie
geht’s“), eine Flasche Rasierwasser der Marke „Wild Moos“ und eine offene Telefonrechnung
über 1.200 Schilling.
Es war vereinbart,
dass sich Rajih und Hassan um 11 Uhr an der Ecke Rotenturmstraße – Fleischmarkt
treffen würden. An gegenüberliegenden Punkten an der Kreuzung postiert, sollten
sie sich gegenseitig an bestimmten Merkmalen erkennen: Hassan trug wie
aufgetragen einen schwarzem Rock, Blue Jeans und eine braue Tasche. Außerdem
hatte er sich eine rote Rose ins Knopfloch gesteckt. Rajih wiederum trug wie
abgemacht eine braune Jacke sowie einen grünen Hut. Beide Kleidungsstücke hatte
ihm Younis im Cafe Westend übergeben. Was nach dem Erkennen zu tun war, hatte Younis seinem Untergebenen so
eingeschärft: „Wenn Du deinen Partner gesehen hast, gehst Du an die
Rückseite der Synagoge und feuerst, wenn der andere an der Vorderseite
angefangen hat, zu kämpfen.“
Anschlagsziel
Stadttempel
Am 29. August 1981,
um 11.15 Uhr, war es dann soweit: An besagter Kreuzung verharrten die beiden
Männer zunächst ungefähr eine Viertelstunde ohne Kontakt, auch nicht in Form
von Handzeichen oder Kopfnicken. Als Rajih von seinem Standplatz aus wahrnahm,
dass die ersten Gläubigen das Bethaus durch den Hinterausgang zu verlassen
begannen, war dies das „Startzeichen“. Im Bericht der Staatspolizei heißt es:
„Beide Personen traten vor der Aktion nicht in Verbindung, sondern gingen
gesondert, jeder für sich nach dem Erkennen seines Gegenübers in verschiedene
Richtungen und starteten die Aktion. Rajih ging über den Fleischmarkt Richtung
Sterngasse, während der andere Mann über den gegenüberliegenden Gehsteig in der
Seitenstettengasse verschwand.“ An der dortigen Adresse Nr. 2 und Nr. 4 waren
ungefähr 200 Personen im Inneren des Stadttempels bzw. des danebengelegenen
Jüdischen Gemeindezentrums versammelt. Anders als üblich leerte sich an diesem
Samstag die Synagoge um 11.30 Uhr nach Ende des Gottesdienstes nicht gleich. Nach
Abschluss der Bar-Mizwah-Feier für den zwölfjährigen Sohn eines
„Schöps“-Teilhabers bleiben ca. 150 Personen im Haus. Viele gingen gleich
durchs Gebäudeinnere in das jüdische Restaurant „Caesarea“. Dieser Umstand mag
vielen der Anwesenden das Leben gerettet haben. Die restlichen Tempelbesucher
traten teils durch den Haupteingang auf die Seitenstettengasse, teils durch den
Hintereingang auf den Platz vor dem Haus Fleischmarkt 1 B und den Stiegenabgang
zum Fleischmarkt.
Der Tatort heute: Stadttempel in der Seitenstettengasse (Foto: Autor) |
Auf dem Weg zum
Ziel war Rajih an einem der beiden Polizeibeamten vorbei gegangen, die zum
Schutz der Synagoge abkommandiert waren. Der Terrorist blieb schließlich in der
Sterngasse, dem Polizisten den Rücken zukehrend, stehen. Da krachten aus der
Seitenstettengasse bereits die ersten Schüsse. Der 24jährige
Sicherheitswachebeamte Raimund R. lief los, um seinem Kollegen, der diesen
Abschnitt überwachte, zu Hilfe zu kommen. Doch er kam nicht weit: Rajih hatte
die Maschinenpistole aus der mitgeführten Tasche hervorgeholt und einige
gezielte Schüsse abgeben, die den Polizisten im rechten Gesäßbereich verletzt
niederstürzen ließen.
„Ohne
zu zielen abgedrückt“
Weiter vorne hatte Hassan
aus einer Entfernung von fünf bis sechs Meter nacheinander drei
Splitterhandgranaten auf eine Gruppe von 10 bis 15 Tempelbesuchern geworfen.
Deren Splitter verletzten den dort Wache schiebenden Polizisten Wolfgang H. und
zahlreiche weitere Personen, die sich vor dem Haupttor aufgehalten hatten. In
das Gebäude eindringen konnte Hassan nicht – die Tempelwächter schlossen das Tor
geistesgegenwärtig.
Glück im Unglück
war, dass der ebenfalls in der Synagoge anwesende „Schöps“-Besitzer Karl Böhm seinen
Leibwächter draußen zurückgelassen hatte. Der 28jährige Rudolf V. hatte
gemeinsam mit dem Fahrer auf seinen Chef gewartet, als er plötzlich links einen
Detonationsknall hörte. Als sich V. umsah, bemerkte er in der Höhe des Restaurants
„Henry“ den Terroristen Hassan – als dieser in seine Umhängetasche fasste, um
weitere Handgranaten hervorzuholen, reagierte der Leibwächter schnell: „Zur
Abwehr dieses offensichtlich bevorstehenden Angriffs auf Leib und Leben meiner
Person und auf andere in der Seitenstettengasse befindlichen Personen durch
diesen Täter zog ich während des Laufens meinen Revolver, den ich rechts im
Hosenbund, in einem Insertholster trug, und richtete gegen den Täter die Waffe.“
Ohne zu zielen, gab
V. aus seinem großkalibrigen Smith & Wesson-Revolver drei Schüsse in
Richtung Hassans ab. Dieser – momentan perplex über die Gegenwehr – nahm noch
in einem Hauseingang Deckung und wollte mit der Maschinenpistole
zurückschießen. Doch da traf ihn V. mit seinem letzten verbliebenen Schuss
Munition aus einer Distanz von nur zwei bis drei Metern. Hassan schaffte es
trotz der schweren Verletzung noch einmal, um sich zu schießen. Erst dann brach
er an der Ecke Judengasse zusammen: „Als er wenig später mit einer Tragbahre
der Rettung abtransportiert wurde, machte der Attentäter das
‚Victory-(Sieg)-Zeichen’“, berichtete der „Kurier“.
„So
viele Juden als nur möglich umzubringen“
Zeitgleich ging das
Drama im hinteren Bereich Judengasse-Sterngasse weiter: Nachdem Rajih den
Polizisten niedergeschossen hatte, bemerkte er eine Gruppe von 10 bis 15
Gläubigen, die gerade aus dem Hinterausgang der Synagoge heraustrat. Im Verhör
mit der Staatspolizei schilderte der Täter, was dann geschah: „Ich querte die
Judengasse, duckte mich hinter einem durch einen höheren Sockel abgegrenzten,
dem Hinterausgang gegenüberliegenden, Rasen, entschärfte eine der drei
Handgranaten und warf sie zu der herauskommenden Gruppe von Juden. Mit der
geworfenen Handgranate wollte ich diese Juden töten. Mein Vorsatz war von
Beginn der Aktion an, darauf gerichtet, so viele Juden als nur möglich
umzubringen, zu vernichten und auszulöschen.“ Nach der Detonation sprang der
Terrorist aus der Deckung und verfolgte immer wieder schießend die Flüchtenden,
die über die Treppe zum Bauernmarkt und dann in Richtung Hoher Markt zu
entkommen versuchten. Rajih machte oberhalb der Stiegen kurz halt, um mehrmals
auf den Hinterausgang der Synagoge zu schießen, den man gerade noch rechtzeitig
hatte schließen können. Dann rannte er die Stiegen hinunter, wechselte unten
angekommen das Magazin und schoss am Fuße des Stiegenaufgangs eine Garbe
Richtung Rotenturmgasse. Hierauf setzte er die Verfolgung der Fliehenden über
den Bauernmarkt fort und feuerte, sobald er sie in der schmalen Gasse wieder im
Blickfeld hatte.
„Überall
lagen die Verletzten herum“
Als beim
Hauseingang Nr. 21 mehrere Personen versuchten, unter dem Portal notdürftig
Deckung zu finden, waren sie eine leichte Beute für den Verfolger: „Ich
beschleunigte mein Tempo. Ohne mich zu verlangsamen rannte ich an den in der
Hausnische sich duckenden Männern vorbei [tatsächlich befanden sich dort
mehrere Frauen und Kinder] und schoss ohne zu zielen in sie einfach hinein, bis
im Magazin keine Patrone mehr war.“ Sechs Personen, darunter der 2jährige Marco
K. erlitten Verletzungen unterschiedlichen Grades. Die Hauswartin von Haus Nr.
21 war gerade beim Kochen, als sie von dem Ruf „Hilfe, mein Mann verblutet!“ aufgeschreckt
wurde. Sie sperrte das Haustor auf, um die Flüchtenden einzulassen. In diesem
Moment wurde auch sie durch einen Schuss am rechten Oberschenkel verletzt.
In den Hauseingang
geschleppt hatte sich der 69jährige Nathan Fried, der schon vorher von einem
Schuss in der Gesäßgegend getroffen worden war. Das Projektil hatte die
Oberschenkelblutader verletzt. Fried starb wenig später an inneren Blutungen. Der
streng orthodoxe Fried war 1942 vor den Pogromen in der Tschechoslowakei nach
Ungarn geflüchtet, von wo er 1944 nach Österreich verschleppt wurde. Er kam in
ein Lager bei Steyr, wo er bei Kriegsende von den US-Truppen befreit wurde.
Nach 1945 siedelte sich Fried in Wien an und wurde Textilkaufmann. Seine Leiche
wurde in Israel bestattet.
40 Meter den
Bauernmarkt weiter – bei einer Baustelle unter der großen Uhr der
Anker-Versicherung – wurde die im dritten Monat schwangere Sarah Ulrike Kohout
von zwei Projektilen tödlich getroffen. Die 27jährige, die erst kurz zuvor zum
Judentum konvertiert war, verblutete noch auf der Straße liegend. Die
Opferbilanz betrug damit zwei Tote und 22 Verletzte – als die Alarmabteilung
vom Schottenring kommend in der Judengasse eintraf, bot sich den Beamten ein
furchtbarer Anblick: „Überall lagen die Verletzten herum und haben geschrien,
die kaputten Fensterscheiben, das Blut … entsetzlich“, schilderte es der
Einsatzleiter.
„Größte
Verfolgungsjagd aller Zeiten“
Rajih versuchte nun
im Laufschritt in der „größte(n) Verfolgungsjagd aller Zeiten“ in Wien
(„Kurier“) zu entkommen: Den Bauernmarkt entlang – über den Hohen Markt – nach
links in die Ertlgasse – wieder nach rechts in die Kramergasse und dann in
Richtung Brandstätte. Etwa 20 m von der Kreuzung Ertlgasse-Kramergasse
entfernt, bemerkte Rajih, dass ihm zwei Polizeibeamte – Norbert F. und Kurt H.
– dicht auf den Fersen waren. Rajih griff in seine Handtasche, entnahm eine
Handgranate und schleuderte diese in Richtung der Beamten. Die Detonation
verschaffte ihm aber nur eine kurze Atempause. Einer der beiden Beamten fiel
verletzt aus. Der andere blieb an dem Terroristen dran, den die hektische und
planlose Flucht zusehends ermüdete. Als Rajih an einem Schuhgeschäft in der
Brandstätte Nr. 5 vorbeikam, schaffte es die Inhaberin Hildegard A., den Täter
an der Kapuze zu fassen, woraufhin Rajih zu Boden stürzte. Er schaffte es noch
einmal aufzustehen, wurde aber nach 10 Metern von dem Polizisten H. eingeholt
und gestellt.
„Was
haben wir uns da eingehandelt?“
Tags darauf fragte
Peter Gnam in der „Kronen Zeitung“: „Was ist das für eine Zeit, in der Terror
fast schon zur Selbstverständlichkeit wird? Was haben wir uns da eingehandelt,
wenn ein Spaziergang am Stephansplatz oder am Graben mit Lebensgefahr verbunden
ist?“ 1985 sollte sich noch ein weiterer Anschlag der ANO ereignen – diesmal
gegen den El-Al-Schalter auf dem Flughafen Schwechat. Es gab drei Tote und 47 Verletzte.
Anfang 1982 wurden
Rajih und Hassan je zu Lebenslang verurteilt. Rajih, den man auch wegen des
Mordes an Nittel angeklagt hatte, wurde hier „nur“ wegen Beihilfe verurteilt. Der
Prozess gegen Younis musste gleich dreimal wiederholt werden – 1984 kassierte
er wegen „entfernter Mittäterschaft“ 20 Jahre Haft. Nachdem er zwei Drittel
seiner Strafe abgesessen hatte, durfte er 1995 das Gefängnis verlassen. Rajih
hingegen wurde 1994 an Belgien überstellt, weil er in Verdacht stand, dort
einen PLO-Mann ermordet zu haben. Die Verdachtslage war dünn. Trotzdem wurde er
ohne Bedingungen ausgeliefert. 1996 ging Rajih tatsächlich frei und tauchte im
Nahen Osten unter.
Heute ist die
Erinnerung an Wiener Synagogenanschlag so wie an die übrigen Ereignisse der
Jahre 1981-1985 zunehmend verblasst. Angesichts einer neuerlichen, freilich
anderes gelagerten terroristischen Bedrohung lohnt sich die Rückschau aber: Österreich
ist bereits Schauplatz von größeren Anschlägen gewesen – auch wenn diese zu
großer Verunsicherung geführt haben, ist die damalige Gewalt-„Welle“ aber
letztlich abgeebbt. So wie sich das bei vorangegangenen Phasen von Terrorismus
gezeigt hat – und aller Voraussicht nach auch
bei der radikal-islamistischen Ausprägung der Fall sein wird.
Hintergrund:
„Den großen Brand im Nahen Osten entfachen“
Zum Ziel des ANO-Terrors
war Österreich wegen außenpolitischer Initiative im Nahen Osten geworden: Als
Transitland für jüdische Emigranten aus dem damaligen Ostblock nach Israel war
Österreich in den Nahostkonflikt involviert. Im Jahr 1973 hatten Palästinenser in
der Grenzstation Marchegg Emigranten aus der Sowjetunion als Geiseln genommen.
Nach stundenlangen Verhandlungen wurden diese schließlich freigelassen. Die Gefahr
weiterer Anschläge blieb aber bestehen.
Daher knüpfte
Bundeskanzler Bruno Kreisky Kontakte zu Jassir Arafats Palästinischer
Befreiungsorganisation (PLO) und zu Libyens Staatschef Gaddafi. Das sollte die
Lage entschärfen und präventiv Sicherheit schaffen. Doch diese Rechnung ging
nur bedingt auf. Denn der PLO-Abtrünnige Abu Nidal wollte jede Entspannung
zwischen Israel und Palästinensern verhindern. Deshalb traf sein stark
antisemitisch motivierter Terror Länder wie Österreich, die sich um Vermittlung
bemühten. Daran konnten auch die Informationen, die österreichische Behörden
vom PLO-Geheimdienst erhielten, nichts ändern. Nicht umsonst kommentierte Peter
Michael Lingens den Synagogenanschlag in „profil“ so: „Der Bundeskanzler ist
nicht am Rande in diese Angelegenheit verwickelt, sondern er steht in ihrem
Zentrum. Die Nahostpolitik war nicht nur seine eigentliche politische Passion,
sondern jahrelang hatte er darüber hinaus erklärt, sie erspare Österreich den
Terror – jetzt lagen die Patronenhülsen eines palästinensischen Terrorkommandos
in der halben Wiener Innenstadt.“
Kreisky blieb aber
bei seiner Linie. Am 1. September 1981 protokollierte Handels- und
Industrieminister Josef Staribacher die internen Erläuterungen des
Bundeskanzlers so mit: „Er werde daher, was immer geschieht, seine PLO
freundliche Politik fortsetzen. Obwohl er keine Vermittlerrolle anstrebt, denn
dazu müssten ihn ja beide also auch die Israeli ersuchen. Er wird keine
opportunistische Politik machen, er hält die Idee nicht dabei zu sein,
sozusagen sich zu distanzieren falsch. […] Kreisky meint, was immer er gesagt
hat, ist ihm auch recht, er will niemanden auf seine Politik binden, doch er
wird sie wie bisher fortsetzen.“ Letztendlich sollte die
Initiative im Nahen Osten aber spätestens nach dem Rücktritt Kreiskys (1983) schrittweise
auslaufen.
Insgesamt verübte die
Organisation von Abu Nidal, der eigentlich Sabri al-Banna hieß, Anschläge in 20
Staaten, die rund 900 verletzte oder getötete Opfer forderten. Der Terror
endete erst, nachdem die Nachrichtendienste Libyens und Syriens Abu Nidal Ende der
1980er Jahre fallenließen. 2002 wurde er in Bagdad von Saddam Husseins
Geheimpolizei ermordet. In einem Interview hatte er 1985 seine Vorgangsweise so
begründet: „Wir Palästinenser und Libanesen werden Zünder für den Kampf aller
Araber gegen die Zionisten sein. Wir werden den großen Brand im Nahen Osten
entfachen.“