Auszug aus dem Verfassungsschutzbericht 2014: „Nachrichtendienste und Spionageabwehr“
Österreich als Einsatzraum für
fremde Nachrichtendienste
Die
nachrichtendienstlichen Aktivitäten fremder Staaten stellen für die Republik
Österreich eine Herausforderung hinsichtlich der Souveränität dar. Je nach
Ausrichtung des Nachrichtendienstes
können
die Aktivitäten politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen
dienen. Nach dem Ende des Kalten Krieges blieb auch Österreich ein zentrales
Land in der Welt der Nachrichtendienste. Maßgebend
sind dafür neben der geographischen Lage und der Neutralität, dass in
Österreich, insbesondere in Wien, neben den UN-Organisationen zahlreiche
weitere internationale Organisationen ansässig sind. Österreich kann aber nicht
nur Operationsgebiet, sondern auch selbst Ziel der nachrichtendienstlichen
Ausspähung sein. In diesem Zusammenhang würde die Republik vor allem in den
Bereichen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Forschung, Verteidigungspolitik und
Energiewirtschaft ein Ausspähungsziel darstellen.
Für
manche Staaten ist es kein Widerspruch, einerseits politische und
wirtschaftliche Beziehungen anzustreben, andererseits aber illegale Aufklärung
und Spionagetätigkeiten auf österreichischem
Bundesgebiet
zu betreiben. Beispielsweise unternehmen bestimmte Nachrichtendienste große
Anstrengungen, westliche Produkttechnologien, Fertigungstechniken und
wissenschaftliche
Forschungsergebnisse
zu erlangen, um so zu den technologisch hoch entwickelten Staaten aufschließen
zu können. Ein weiteres Aufklärungsziel stellen für fremde Nachrichtendienste
ausländische
und u.a. in Österreich aufhältige Oppositionelle oder Oppositionsgruppen dar.
Nachrichtendienstliche Abdeckung
Eine
große Zahl ausländischer Nachrichtendienstoffiziere ist in Österreich nach wie
vor unter der Tarnung von sogenannten Legalresidenturen (Botschaften,
Konsulate, internationale
Organisationen)
tätig. Die durch die Vielzahl internationaler Organisationen in Wien
legitimierte hohe Anzahl von diplomatischem und sonstigem Vertretungspersonal
bietet nachrichtendienstlichen
Organisationen
Grundlagen für ihre Spionageaktivitäten. Dazu kommen halboffizielle Einrichtungen,
wie Presseagenturen, Vertretungen von Fluggesellschaften, Vereine,
Kulturzentren, aber auch Firmenniederlassungen, die der nachrichtendienstlichen
Abdeckung dienen können. […]
Wirtschafts- und
Industriespionage
Wirtschafts-
und Industriespionage bedeutet nicht nur für betroffene Unternehmen enormen
Schaden, sondern hat auch negative Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft:
Arbeitsplätze gehen verloren, die Wertschöpfungskette wird unterbrochen und der
Wirtschaftsstandort Österreich wird geschwächt. Bei Industriespionage versuchen
Unbefugte durch Angriffe von außen oder durch ehemalige oder aktive Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in den Besitz von geheimem Know-how zu gelangen. Dadurch sollen
die eigene Marktposition gestärkt und die Wettbewerbsvorteile anderer egalisiert
werden. Ziel der Wirtschaftsspionage ist, durch die Stärkung der eigenen
Wirtschaft die gesamtstaatliche Position nachhaltig zu verbessern. […]
Entwicklungstendenzen
Generell sind die Spionageaktivitäten
ausländischer Nachrichtendienste in Österreich ungebrochen hoch und stellen das BVT durch neue
und moderne Möglichkeiten der Ausspähung vor große Herausforderungen. Besonders
bei Cyber-/Hack-Attacken tritt die Schwierigkeit auf, die eigentlichen Urheber
ausfindig zu machen, da diese auf Grund der angewendeten Vorgehensweise nur schwer
identifizierbar sind. Trotz sich ständig weiterentwickelnder technischer Möglichkeiten
haben auch herkömmliche nachrichtendienstliche Methoden nicht an Bedeutung verloren.
Im Gegenteil: Klassische Spione mit
großem Engagement für ihr Heimatland sind nach wie vor in einer
überdurchschnittlichen Zahl im Einsatz und können eine Gefahr für die
Sicherheit und Souveränität der Republik Österreich darstellen.
Gesamter Bericht online unter:
http://www.bmi.gv.at/cms/cs03documentsbmi/1555.pdf