Dienstag, 24. Juni 2014

„Spionageaktivitäten ausländischer Nachrichtendienste in Österreich ungebrochen hoch“

Auszug aus dem Verfassungsschutzbericht 2014: „Nachrichtendienste und Spionageabwehr“

Österreich als Einsatzraum für fremde Nachrichtendienste
Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten fremder Staaten stellen für die Republik Österreich eine Herausforderung hinsichtlich der Souveränität dar. Je nach Ausrichtung des Nachrichtendienstes
können die Aktivitäten politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen dienen. Nach dem Ende des Kalten Krieges blieb auch Österreich ein zentrales Land in der Welt der Nachrichtendienste. Maßgebend sind dafür neben der geographischen Lage und der Neutralität, dass in Österreich, insbesondere in Wien, neben den UN-Organisationen zahlreiche weitere internationale Organisationen ansässig sind. Österreich kann aber nicht nur Operationsgebiet, sondern auch selbst Ziel der nachrichtendienstlichen Ausspähung sein. In diesem Zusammenhang würde die Republik vor allem in den Bereichen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Forschung, Verteidigungspolitik und Energiewirtschaft ein Ausspähungsziel darstellen.

Für manche Staaten ist es kein Widerspruch, einerseits politische und wirtschaftliche Beziehungen anzustreben, andererseits aber illegale Aufklärung und Spionagetätigkeiten auf österreichischem
Bundesgebiet zu betreiben. Beispielsweise unternehmen bestimmte Nachrichtendienste große Anstrengungen, westliche Produkttechnologien, Fertigungstechniken und wissenschaftliche
Forschungsergebnisse zu erlangen, um so zu den technologisch hoch entwickelten Staaten aufschließen zu können. Ein weiteres Aufklärungsziel stellen für fremde Nachrichtendienste
ausländische und u.a. in Österreich aufhältige Oppositionelle oder Oppositionsgruppen dar.

Nachrichtendienstliche Abdeckung
Eine große Zahl ausländischer Nachrichtendienstoffiziere ist in Österreich nach wie vor unter der Tarnung von sogenannten Legalresidenturen (Botschaften, Konsulate, internationale
Organisationen) tätig. Die durch die Vielzahl internationaler Organisationen in Wien legitimierte hohe Anzahl von diplomatischem und sonstigem Vertretungspersonal bietet nachrichtendienstlichen
Organisationen Grundlagen für ihre Spionageaktivitäten. Dazu kommen halboffizielle Einrichtungen, wie Presseagenturen, Vertretungen von Fluggesellschaften, Vereine, Kulturzentren, aber auch Firmenniederlassungen, die der nachrichtendienstlichen Abdeckung dienen können. […]

Wirtschafts- und Industriespionage
Wirtschafts- und Industriespionage bedeutet nicht nur für betroffene Unternehmen enormen Schaden, sondern hat auch negative Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft: Arbeitsplätze gehen verloren, die Wertschöpfungskette wird unterbrochen und der Wirtschaftsstandort Österreich wird geschwächt. Bei Industriespionage versuchen Unbefugte durch Angriffe von außen oder durch ehemalige oder aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Besitz von geheimem Know-how zu gelangen. Dadurch sollen die eigene Marktposition gestärkt und die Wettbewerbsvorteile anderer egalisiert werden. Ziel der Wirtschaftsspionage ist, durch die Stärkung der eigenen Wirtschaft die gesamtstaatliche Position nachhaltig zu verbessern. […]

Entwicklungstendenzen
Generell sind die Spionageaktivitäten ausländischer Nachrichtendienste in Österreich ungebrochen hoch und stellen das BVT durch neue und moderne Möglichkeiten der Ausspähung vor große Herausforderungen. Besonders bei Cyber-/Hack-Attacken tritt die Schwierigkeit auf, die eigentlichen Urheber ausfindig zu machen, da diese auf Grund der angewendeten Vorgehensweise nur schwer identifizierbar sind. Trotz sich ständig weiterentwickelnder technischer Möglichkeiten haben auch herkömmliche nachrichtendienstliche Methoden nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil: Klassische Spione mit großem Engagement für ihr Heimatland sind nach wie vor in einer überdurchschnittlichen Zahl im Einsatz und können eine Gefahr für die Sicherheit und Souveränität der Republik Österreich darstellen.

Gesamter Bericht online unter: http://www.bmi.gv.at/cms/cs03documentsbmi/1555.pdf