Teilweise zeitgleich
mit dem Südtirolterrorismus, vor allem aber nach dem sogenannten Kärntner „Ortstafelsturm“
(1972), kam es in Österreich zu einer Anschlagswelle, die mit dem Kampf um
Minderheitenrechte zusammenhing. Zwischen 1953 und 1979 kam es in Kärnten zu insgesamt
20 Sprengstoffattentaten, die sich gegen Deutschkärntner Organisationen, Denkmäler,
Bahngleise und Strommasten richteten. Schlusspunkt war der Bombenanschlag auf
das Völkermarkter Museum am 18. September 1979, bei dem ein Mitarbeiter schwer
verletzt wurde.
Operative Hilfestellung
Die Festnahme der beiden Attentäter, die Mitglieder der jugoslawischen „Staatssicherheitsdiensts“ (Uprava državne bezbednosti, UDBA) waren, verdeutlichte, dass es während der Anschlagswelle logistische und operative Hilfestellung von außen gegeben hatte. Im Unterschied zu Südtirol, wo Attentate des Befreiungsausschusses (BAS) weltweit Aufmerksamkeit auf die Autonomiebestrebungen der deutschsprachigen Bevölkerung lenkten, beförderten die Vorkommnisse in Kärnten keine rasche politische Lösung – der Konflikt rund um zweisprachige Ortstafeln zog sich bis 2011 hin. Matev Grilic, Ex-Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, stellte gegenüber der „Kleinen Zeitung“ folgenden Vergleich an: „Ohne die Bomben wäre Südtirol nicht dort, wo es heute ist.“ In Kärnten dagegen habe man „draufgezahlt“. Kreisky, der mit Grilic persönlich viel verhandelte, habe damals ein „gewisses Verständnis“ für solche Aktionen gehabt: „Ich erinnere mich an ein Gespräch mit ihm im Bundeskanzleramt. Herr Doktor, sagte er zu mir, Terror kann ein Mittel zum Erreichen bestimmter Ziele sein, nur muss er organisiert sein. In Südtirol war es jedenfalls organisiert.“
Operative Hilfestellung
Die Festnahme der beiden Attentäter, die Mitglieder der jugoslawischen „Staatssicherheitsdiensts“ (Uprava državne bezbednosti, UDBA) waren, verdeutlichte, dass es während der Anschlagswelle logistische und operative Hilfestellung von außen gegeben hatte. Im Unterschied zu Südtirol, wo Attentate des Befreiungsausschusses (BAS) weltweit Aufmerksamkeit auf die Autonomiebestrebungen der deutschsprachigen Bevölkerung lenkten, beförderten die Vorkommnisse in Kärnten keine rasche politische Lösung – der Konflikt rund um zweisprachige Ortstafeln zog sich bis 2011 hin. Matev Grilic, Ex-Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, stellte gegenüber der „Kleinen Zeitung“ folgenden Vergleich an: „Ohne die Bomben wäre Südtirol nicht dort, wo es heute ist.“ In Kärnten dagegen habe man „draufgezahlt“. Kreisky, der mit Grilic persönlich viel verhandelte, habe damals ein „gewisses Verständnis“ für solche Aktionen gehabt: „Ich erinnere mich an ein Gespräch mit ihm im Bundeskanzleramt. Herr Doktor, sagte er zu mir, Terror kann ein Mittel zum Erreichen bestimmter Ziele sein, nur muss er organisiert sein. In Südtirol war es jedenfalls organisiert.“
Grilic
Aussagen stammen von 2010 und müssen daher im politischen Zusammenhang mit der letzten
Phase des Ortstafelkonflikts verstanden werden. Die Hauptursache dafür, dass
die Entwicklung in Südtirol einen anderen Weg nahm, liegt im geopolitischen
Umfeld des Kalten Krieges. Italien war aufgrund seiner geografischen Lage ein
Schlüsselmitglied der westlichen Allianz, weshalb man ein eminentes Interesse hatte,
den Konflikt in Südtirol zu entschärfen. Die Kärntner Slowenen konnten dagegen
auf kein ähnlich günstiges internationales Umfeld für ihre Sache bauen. Selbst
der jugoslawische Botschafter in Wien hatte schon 1973 Innenminister Otto Rösch
versichert, „dass das Minderheitenproblem in Kärnten für Belgrad nicht mehr
existiere. Es sei eine rein österreichische Angelegenheit, in die man sich
nicht mehr einzumischen gedenke.“
Jugoslawischer Staatsterror gegen Exilanten
Dass
Kärnten dennoch zum Ziel wurde ist nicht weiter überraschend, wenn man bedenkt
dass der jugoslawische Nachrichtendienst in den 1970er und 1980er Jahren nicht
davor zurückschreckte, Operationen in westeuropäischen Ländern durchzuführen.
So wurden zwischen 1970 und 1989 alleine in der BRD
22 Exilkroaten ermordet. Auch
zwei Fälle aus Österreich sind dokumentiert. Im
Februar 1975 wurde in Klagenfurt der Gemüsehändler Nikola Martinovic von einem
Profikiller ermordet. Martinovic war ehemaliger Leutnant der mit
Hitler-Deutschland kollaborierenden Ustascha und pflegte die Gräber kroatischer
Soldaten und Zivilisten, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Raum Bleiburg
von Partisanen ermordet worden waren. Für Mai 1975 hatte Martinovic einen
Schweigemarsch geplant, an dem Kroaten aus aller Welt teilnehmen sollten.
Darüber hinaus kidnappte 1972 ein Kommando den
Exilkroaten Stjepan Crnogorac in Salzburg. Die Täter gaben vor, sie seien
österreichische Polizisten, die das Opfer zur Polizeiinspektion bringen wollen.
Stattdessen betäubten sie ihn und schafften ihn über die Grenze. Dort wurde
Crnogorac laut UDBA-Dokumenten mehrere Tage lang verhört und schließlich liquidiert.
"Aktion Sora"
Was die eingangs erwähnten Sprengstoffattentate angeht, so
wurden diese unter dem Decknamen „Aktion Sora“ organisiert. Anders als in Vergleichsfall
Südtirol stand dahinter keine dem BAS ähnliche Organisation. Mit
Ausbildungsmaßnahmen, Waffen- und Schmiermittellieferungen unterstützte der
slowenische Ableger des UDBA, die Sluzba Drzavne Varnosti
(SDV), eine kleine Zelle von Aktivisten in Südkärnten, die auf sechs bis zehn
Mitglieder geschätzt wird. Sie entstammten vor allem aus slowenischen Familien,
deren Väter oder Verwandte im Zweiten Weltkrieg als Partisanen kämpften. Den
Anstoß für die Radikalisierung hatte der Ortstafelsturm 1972 geliefert – laut
Grilic eine „irre Demütigung“. Daraufhin hätten Leute, „die noch klare
Erinnerungen an den Krieg hatten“, zu „härteren Mitteln“ gegriffen.
Die
Bomben explodierten zeitgleich mit der Ausbreitung der slowenischen
Protestbewegung im gesamten Südkärntner Raum und zielten offenbar auf
Destabilisierung und Provokation ab. So fand beispielsweise der Anschlag auf
das Abwehrkämpferdenkmal in St. Kanzian (1977) nur einige Tage vor einer
slowenischen Protestversammlung in dieser Ortschaft statt. Ein Polizeibericht
fasste die nervös-aggressive Stimmung zusammen, die der Anschlag dort schürte:
„Durch die Detonationsdurckwelle wurden sämtliche Fensterscheiben an der Südseite der Fremdenpensionen in St. Kanzian Nr. 2 und Nr. 51 total beschädigt. Zur Tatzeit befanden sich in den angeführten Pensionen ca. 90 Personen, durchwegs Staatsbürger aus der Bundesrepublik Deutschland. Die Kärntner Bevölkerung reagierte auf den Sprengstoffanschlag äußerst
ungehalten und aufgebracht. Verschiedenen Äußerungen aus der Bevölkerung in St.
Kanzian war zu entnehmen, dass es anläßlich der Demonstration am 14. 8. 1977 in
St. Kanzian zu Tätlichkeiten gegen Exponenten der slowenischen Volksgruppe
kommen könnte.“ Einige der Anschläge gingen auch direkt auf das Konto von
SDV/UDBA: Abgesehen vom Völkermarkter Anschlag gab es plausible Hinweise
darauf, dass 1977 „ein Einsatzkommando aus Laibach“ die Eisenbahnbrücke bei
Kappel/Drautal sprengte.
Anschlag von Völkermarkt
Mit der zunehmenden direkten Involvierung verfolgte der SDV
auch eigene Interessen und war zudem selbst
gespalten. Aus einer streng vertraulichen Schreiben des österreichischen
Generalkonsulats in Laibach an das Außenministerium (1979) geht hervor, dass es
verschiedene Fraktionen gegeben habe: „Der Völkermarkter Anschlag gehe auf eine
Aktion des ‚linken Flügels’ zurück, der versucht habe, die offensichtliche Verbesserung
in den Beziehungen zwischen Österreich und Jugoslawien, aber auch die
sichtliche Beruhigung im Verhältnis zwischen den Volksgruppen in Kärnten zu
torpedieren. [...] Das Generalkonsulat darf in diesem Zusammenhang auf die in mehrfacher Weise gegebene Verflechtung von Außenpolitik und Staatssicherheit verweisen, die aber vor allem durch die Rotation der politischen Führung in verschiedene Aufgabenbereiche sichergestellt ist. [...] Da die Haltung der einzelnen Fraktionen der politischen Führung Sloweniens zum österreichisch-jugoslawischen Verhältnis, d. h. insbesondere zur sogenannten 'Kärntner Frage' sehr unterschiedlich ist - sowohl Planungsminister Dipl. Ing. Boris Mikos wie auch die vormalige Vizeministerpräsidentin Dr. Aleksandra K. hatten den Gefertigten gegenüber vor dem radikalen Flügel gewarnt - ist nicht auszuschließen, dass dieser durch den Völkermarkter Anschlag auf die an sich positive Entwicklung der österreichisch-jugoslawischen Beziehungen Einfluss nehmen wollte.“ Der damalige österreichische Innenminister Erwin Lanc hatte
damals jedenfalls nicht das Gefühl, „dass Jugoslawien besonders interessiert
war, die Situation anzuheizen. Der Anschlag auf das Museum von Völkermarkt war
keine Idee der politischen Führer des Landes, sondern der slowenischen
Nationalisten innerhalb des jugoslawischen Sicherheitsapparats. In diesem Fall
war es eindeutig eine Geheimdienstaktion, die übrigen Sprengungen hatten etwas
Autochtones, vergleichbar mit den Mastensprengungen in Südtirol.“
HINWEIS: Ausführlicher Artikel mit Quellenangaben unter: