Freitag, 21. März 2014

"Das erste Ersuchen dieser Art eines kapitalistischen Landes“

Österreich bemühte 1988 sich um Sicherheitskooperation mit der DDR

Am 21. April 1988 wandte sich der Botschafter der DDR in Österreich, Karl Wolf, brieflich an DDR-Innenminister Friedrich Dickel: „Der Bundesminister für Inneres der Republik Österreich, Karl Blecha, äußerte mir gegenüber den Wunsch, mit Ihnen in Kontakt zu treten und auch mit der DDR eine Zusammenarbeit in seinem und Ihrem Verantwortungsbereich zu entwickeln. In den letzten Jahren hat Minister Blecha mehrere sozialistische Länder besucht bzw. seine dortigen Amtskollegen in Wien empfangen. […] Es gibt eine durch Vereinbarungen geregelte Zusammenarbeit der Innenministerien Österreichs, der CSSR und der UVR [Ungarische Volksrepublik]. […] Ich empfehle deshalb, Minister Blecha zu einem noch zu vereinbarenden Zeitpunkt offiziell für einen Besuch in der DDR einzuladen. Für die Prüfung dieses Vorschlages und eine Mitteilung über Ihre Entscheidung wäre ich sehr dankbar.“

Anschließend informierte ein Vertreter des Innenministeriums das DDR-Außenministerium und bat um „Prüfung und Meinungsäußerung“: „Es ist das erste Ersuchen dieser Art eines kapitalistischen Landes. Eine gründliche und allseitige Prüfung der Zweckmäßigkeit von Kontakten und einer evtl. Zusammenarbeit ist aus genereller Sicht erforderlich, um entsprechende Entscheidungsvorschläge unterbreiten zu können.“

Da keine weiteren Dokumente vorliegen, lässt sich über die weitere Entwicklung nur mutmaßen. Aufgrund des allmählichen Erosionsprozesses der DDR 1988/89 ist es unwahrscheinlich, dass das hier noch zu konkreten Absprachen kam.

Nach dem Anschlag auf dem Flughafen Wien-Schwechat (1985) hatte Österreich zahlreiche bilaterale Sicherheitskooperationen beschlossen - darunter auch mit Algerien, Jugoslawien, Syrien und Saudi-Arabien.

Quellenhinweis: BStU, MfS, Abt. X Nr. 110